(we) „Wassermangel im Überfluss“ – unter diesem Aufmerksamkeit erzeugenden Titel hatte Johannes Schmiester seinen Vortrag im Rahmen der Nürtinger Friedenswochen gestellt. Die Nürtinger SPD hatte den WWF-Mann aus Berlin geholt.

Wieviel Wasser verbraucht der Mensch pro Tag? Mit dieser Frage begann Schmiester und gab erst später die Antwort: 5000 Liter. Eingerechnet ist dabei nicht nur der sichtbare Verbrauch zum Essen oder Duschen, sondern auch der versteckte. Es ist wohl den meisten Menschen hierzulande nicht klar, wieviel Wasser zum Beispiel in einer Tasse Kaffee steckt oder in einem T-Shirt, wenn man den ganzen Herstellungsprozess berücksichtigt: 140 Liter für den Kaffee, 2700 Liter für ein T-Shirt.

Mit diesen Zahlen sensibilisiert für den weltweiten Wasserverbrauch, konnten die zahlreich erschienenen Zuhörerinnen und Zuhörer die Tragweite weiterer Aussagen besser einordnen: die Feuchtgebiete sind weltweit um rund zwei Drittel zurückgegangen; 1,8 Millionen Menschen sind von Wassermangel bedroht; die steigende Weltbevölkerung, das Wirtschaftswachstum in den Schwellenländern und nicht zuletzt der Klimawandel tragen zur Wasserknappheit an vielen Orten auf unserem Globus bei – eine entsprechende Weltkarte verdeutlichte dies eindringlich. Für Schmiester ist dabei klar: „Der Zugang zu Trinkwasser ist ein Menschenrecht.“

Was geht das alles uns an, was können wir tun? In seinem an manchen Stellen etwas sehr akademischen Vortrag hatte Schmiester doch auch praktische Beispiele parat. Wichtig sei es, dass wir Verbraucher uns darüber informieren, wie es um die Wasserversorgung in den Ländern bestellt ist, die Kaffee, Rindersteaks oder T-Shirts produzieren. Man müsse stärker die Lieferketten berücksichtigen und, wann immer es möglich ist, auf regionale Produkte zurückgreifen. Die ganze Südhälfte Spaniens würde durch den überdimensionierten Obst- und Gemüseanbau zu einer Mondlandschaft mit Gewächshäusern und erodierten Böden. Hilfreich sei auch, weniger Lebensmittel zu verschwenden (denn in allen steckt Wasser!), weniger Fleisch zu essen oder Produkte länger zu benutzen.

Schmiester nahm aber auch die Politik und die Unternehmen in die Pflicht. Nachhaltige Subventionen könnten dem Wassermangel entgegenwirken, und in der Entwicklungszusammenarbeit müsse auch der Faktor Wasser stärker in den Blickpunkt rücken. Unternehmen müssten nachhaltiger produzieren und weg vom Effizienzdogma kommen. Überhaupt müsse das „Wasserbewusstsein“ stärker entwickelt werden. Vorbildhaft nannte der Redner die Zusammenarbeit zwischen dem World Wide Fund For Nature (WWF) und dem EDEKA-Konzern: Im Zitrus- wie auch im Bananenprojekt konnten Pestizide eingespart und der Wasserverbrauch verringert werden.

In der sehr langen und angeregten Diskussion machte Schmiester deutlich, dass es das Ziel des WWF sei, „Wasser als Quell allen Lebens“ stärker zu schützen und diese Schutzbedürftigkeit ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu bringen. Auch müssten die Bio- und Fair-Handel-Labels in ihren Kriterien mehr als bisher den Faktor Wasserverbrauch aufnehmen.- Erika Maag-Brammer hatte diese SPD-Veranstaltung moderiert und eingangs darauf hingewiesen, wie wichtig es sei, sich mit diesem scheinbar nebensächlichen Thema zu beschäftigen.