Es ist schon gute Tradition, dass bei der Weihnachtsfeier des SPD-Ortsvereins der gewählte Bundestagsabgeordnete Rede und Antwort steht. Dr. Nils Schmid stellte sich nach einem kurzen Überblick den kritischen Fragen der Genossinnen und Genossen, die sehr zahlreich gekommen waren. – Nils Schmid bedauerte, dass das vergangene Jahr vom Streit innerhalb der CDU/CSU über die Flüchtlingspolitik überlagert worden sei und die Anfänge der Koalitionsarbeit völlig in den Schatten gestellt habe. Nun sei man aber „in der Phase der Umsetzung des Koalitionsvertrags“. Und Schmid konnte einige Gesetze nennen, die erst kürzlich beschlossen worden waren: Zum Beispiel das „Gute-Kita-Gesetz“, durch das der Bund Geld geben kann für Qualitätsverbesserung im Kindergartenbereich und Ansätze biete für einen beitragsfreien Kita-Besuch. Ferner das Teilhabegesetz und sowie die Beschlüsse zur Sicherstellung der Rente und zur Stärke der Pflege im Alter. Aber auch der Beschluss des Bundestages, dass der Bund die Länder im Schulsektor bei der Digitalisierung im Schulsektor finanziell unterstützen dürfen – allerdings muss es noch den etwas widerspenstigen Bundesrat passieren; doch Schmid sieht dabei gute Chancen für einen Kompromiss.

Doch ist der SPD-Abgeordnete auch durchaus selbstkritisch seiner Partei gegenüber: „Wir stehen uns oft selbst im Wege“, bilanzierte er. Als Beispiel nannte er auch die Maaßen-Affäre, bei der SPD-Chefin Andreas Nahles das “Leistungsdenken in der Partei“ ignoriert habe, indem Maaßen entlassen, aber gleichzeitig hätte befördert werden sollen. Auch allgemein räumte er ein, dass die Partei ihre Politik und ihre Erfolge besser an den Wähler bringen müsse: „Wir müssen auch zu dem stehen, was wir in der Regierung tun! Sonst wählt uns niemand mehr!“ Man müsse auch endlich damit aufhören, immer wieder mit einem Ausstieg aus der Koalition zu liebäugeln. Das sei auch weniger ein Problem der Basis, sondern geschehe auf der Ebene der „mittleren Funktionsträger“.

In der Diskussion spielte das Thema Europa eine wichtige Rolle. Die SPD müsse hier deutlich wieder eine Vorreiterrolle übernehmen, wurde gefordert. Schmid gab dabei auch der CDU/CSU die Schuld, die sich zum einem großen Teil keine Begeisterung für Europa zeige und eine stärkere Integration, wie sie Macron vorschlägt, ablehnt. Allerdings wurde angemerkt, dass auch die jüngste Rede von SPD-Wirtschaftsminister Olaf Scholz zu Europa nicht den Widerhall bei der Presse gefunden hat, wie es beabsichtigt gewesen sei. Gefordert wurde auch, und Schmid sah das genauso, dass auch die kleineren europäischen Staaten stärker in neue Prozesse eingebunden werden müssten. Und er verwies auf das Beispiel Polen: Außenminister Heiko Maas (SPD) halte engen Kontakt zu dem östlichen Nachbarn und sei bereits drei Mal zu Gesprächen in Warschau gewesen.

Auch die Flüchtlingspolitik wurde angesprochen. Schmid nannte die Diskussionen zu diesem Thema im Wortsinne „ver-rückt“ – man solle nicht stets rückwärtsgewandt auf das Jahr 2015 schauen, sondern klar feststellen, dass weitaus die meisten Flüchtlinge lernen und arbeiten wollen. Man müsse positiv über die vielfach gelungene Integration in den Arbeitsmarkt reden, zu der freilich auch die gute Konjunktur beitrage. Es sei ein Fehler, dass die CDU/CSU immer wieder versuche, durch Bezug auf das Thema Flüchtlinge der AfD das Wasser abzugraben; das könne nicht gelingen. Das von der SPD schon lange geforderte Einwanderungsgesetz sei auf einem guten Wege.

Zum Thema Hartz IV erläuterte Schmid, dass bereits kleinere Verbesserungen und Ungerechtigkeiten beseitigt worden seien und es müsse aber weiter reformiert, jedoch im Ganzen nicht abgeschafft werden. In diesem Zusammenhang bedauerte Sven Simon, dass die Diskussion in der SPD um ein Grundeinkommen zu lange nicht geführt worden sei. Die SPD sollte klar sagen, wie die Gesellschaft in Zukunft gestaltet werden solle, besonders im Hinblick auf die Digitalisierung und den Klimawandel. Schmid sieht das genauso und hofft auf eine offene Diskussion auch in den Spitzen der Parteiführung.

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