(we) An Spannung fehlt es zurzeit nicht bei der SPD. Wie weit kann sie sich in der „Groko“ durchsetzen? Aber vor allem: Wer wird die Partei demnächst führen? Um diese und andere Fragen zu diskutieren, hat der Ortsverein der Nürtinger SPD ein neues Format entwickelt: „SPD TRIFFT SICH“. Mitglieder und interessierte Bürgerinnen und Bürger sollen Gelegenheit bekommen, mehr als in der Vergangenheit ihre Ansichten in den politischen Diskussionsprozess einzubringen.
Am vergangenen Donnerstag nahm die Diskussion um die künftige Parteiführung großen Raum ein. Mitglieder, die bei der Kandidatenvorstellung in Filderstadt dabei waren, berichteten über ihre Eindrücke. Die Veranstaltung, zu der über 1000 Mitglieder gekommen waren, sei sehr gut organisiert, diszipliniert und sachlich gewesen. Unterschiede zwischen den Kandidaten-Paarungen wären überwiegend deutlich geworden, die Aussagen wegen der zeitlichen Begrenzung zwar knapp, aber inhaltlich orientiert, kein „leeres Geschwätz“. Sehr viel Neues hätte man allerdings nicht zu hören bekommen.
Dabei schälten sich vier Gruppen heraus: Einmal kompetente Fachpolitiker, die jedoch für die Führung der SPD nicht geeignet seien: zum Beispiel Karl Lauterbach und Norbert Walter-Borjans. Dann Politiker, die zur sehr mit der „Groko“ verbunden seien, wie Finanzminister Olaf Scholz. Schließlich Paarungen, die sehr integer, aber für eine Aufbruchsstimmung „zu alt“ seien, wie Gesine Schwan, die schon einmal für das Amt des Bundespräsidenten kandidiert hatte. Und schließlich die eine oder andere jüngere Paarung, die mehr oder weniger dem linken Flügel zuzuordnen, aber als Führungsfiguren denkbar seien.
Wenn die Runde auch keine einstimmige Empfehlung abgeben wollte, so kristallisierten sich doch zwei Paarungen heraus, denen zugetraut wurde, die SPD wieder auf Kurs zu bringen: nämlich Petra Köpping mit Boris Pistorius sowie Christina Kampmann mit Michael Roth; beide Paarungen gehören zu den jüngeren Kandidatinnen und Kandidaten. Wenn bei der Wahl keine Paarung mehr als 50% der Stimmen erhält, gibt es eine Stichwahl zwischen den beiden Erstplatzierten. Die Mitglieder hoffen, dass es dann eine Auswahl zwischen zwei wirklich unterschiedlichen Richtungen geben wird.
An weiteren Diskussionsthemen fehlte es nicht. Es ging um die SPD-Gruppe „60 Plus“, um die Beteiligung an den Nürtinger Bahnstadt-Planungen, um den Klimaschutz und das geplante „Klimapaket“. Breiten Raum nahm auch die Frage ein, wie man als Ortsverein der Parteien- und teilweise auch der Politikmüdigkeit beikommen könne. „Wir müssen die Leute, vor allem die jungen, mittels Aktionen abholen“, war eine Meinung. Zum Beispiel durch Mitwirken beim „Unverpackt-Laden“ oder bei „Fridays for Future“. Klar war den Teilnehmern: „Ohne Parteien bekommen wir nichts auf die Reihe.“ Politik sei anstrengend, aber anregend; anderen Menschen zuzuhören und sich mit deren Meinungen auseinanderzusetzen, könne auch dazu beitragen, eigene Vorurteile abzubauen.