Die SPD-Fraktion beantragt die Beratung und Entscheidung über
Covid-19 Maßnahmen zur Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenlebens:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Dr. Fridrich,
sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Bürkner,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

die Corona-Krise prägt das Leben unserer Stadtgesellschaft und zwar in allen Bereichen. Die gestarteten Initiativen wie „Nürtingen hält zusammen“ zeigen deutlich, dass Solidarität in Nürtingen gelebt wird.

Mit Blick auf die vielen Herausforderungen vor denen Nürtinger Betriebe, Kulturschaffende, soziale Einrichtungen, Vereine und unsere Bürger*innen stehen, ist es uns ein Anliegen, all das, was die Stadt leisten kann, möglich zu machen, um wirtschaftliche und soziale Härten in der Krise und auf dem Weg zurück in die „neue Normalität“ abzumildern. Zugleich müssen alle anvisierten Maßnahmen auch sicherstellen, dass die Stadt Nürtingen finanziell handlungsfähig bleibt – da sie selbst Auftraggeberin in der Bau- wie Sozialwirtschaft ist.

Über diese akuten Herausforderungen hinaus muss es unser Ziel sein, unsere langfristigen städtischen Ziele weiterzuverfolgen. Dazu zählen insbesondere unsere Schwerpunkte Bildung, Wohnen und die sozial-ökologische Wende.

Bildung ist wichtiger denn je. Dies zeigen derzeit viele Berichte über das Homeschooling, die die sozial unterschiedlichen Ausgangslagen besonders deutlich machen. Aus diesem Grund müssen wir vor Ort die Rahmenbedingungen für gute Bildung heute und in Zukunft schaffen. Dazu zählen insbesondere die anstehende Schulentwicklung und die geplanten Schul­sanierungen. Als SPD-Fraktion haben die Investitionen in unsere Bildungsprojekte in Nürtingen die höchste Priorität. Schließlich wollen wir die Schüler*innen gut auf ihren weiteren Lebens-und Berufsweg vorbereiten – unabhängig von ihren privaten Ausgangssituationen.

Mit der sozial-ökologischen Wende und den damit verbundenen Klimaschutzmaßnahmen sehen wir auch die Chance, den „Restart“ für ein Umdenken zu nutzen. Dadurch kann unsere Wirtschaft gefördert und im anstehenden Transformationsprozess unterstützt werden. Städtische Projekte, die diese Transformation unterstützen, sollten deshalb weiterverfolgt werden.

Das Virus verstärkt die sozialen Unterschiede. Dies war schon vorher der Fall, wird aber nach der Krise noch stärker auf den Wohnungsmarkt durchschlagen. Mit Nachdruck fordern wir die aufgezeigten Ansätze kostengünstigen Wohnraum zu schaffen in der Haushaltsberatung zu berücksichtigen. Leider haben wir in Nürtingen vor vielen Jahrzehnten nicht auf den Aufbau eines eigenen städtischen Akteurs in Form einer Wohnungsbaugesellschaft hingearbeitet, sodass uns jetzt wertvolle Instrumente fehlen. Diesen Fehler dürfen wir nicht ein zweites Mal machen. Darum halten wir den Aufbau einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft nach wie vor für den zentralen Baustein für eine aktive Gestaltung des Wohnungsmarktes.

All diese Maßnahmen erfordern erhebliche Investitionen. Wir sind bereit diese umfassend mitzutragen, damit der städtische Haushalt einen substanziellen Beitrag zur Gestaltung der Zukunft – und gegen die Rezession leisten kann. Wir unterstützen die Stadt dabei, bei allen geplanten Maßnahmen soweit es rechtlich möglich ist, auf lokale Unternehmen zu setzen. Ein intensives Investitionsprogramm ist für uns auch ein lokales Konjunkturpaket, von dem örtliche Handwerksbetriebe und Firmen profitieren.

Die Krise trifft uns im Vergleich zur Weltwirtschaft unmittelbar vor Ort. Daher sollten wir neben den oft diskutierten unterstützenden Maßnahmen für den Einzelhandel und die Gastronomie auch dafür sorgen, dass für die Familien, Alleinerziehenden, Senioren und Wohnungslosen keine sozialen Härten entstehen.

Freie Träger, die sich für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft einsetzen und bisher durch die Maschen des Hilfenetzes der Bunderegierung fallen, dürfen nicht vergessen werden.

Letztendlich liegt in dieser Zeit auch die Chance, durch gemeinsame Rücksicht und Zusammenhalt, auch unsere Gesellschaft wieder enger zusammenzuführen.

Maßnahmenpaket

I. Sofortmaßnahmen

Ergänzend zu den bereits vorgetragenen Maßnahmen zur Unterstützung der Nürtinger Betriebe wollen wir weitere Punkte zur Diskussion in den Gemeinderat einbringen:

Familien und Alleinerziehende

Durch die Kurzarbeit bzw. Kündigungen wird den Familien und Alleinerziehenden, hauptsächlich Frauen, die finanzielle Grundlage entzogen. Den Arbeitnehmer, die es mit ihrem Einkommen gerade so schaffen über die Runden kommen, wird dies aufgrund der angespannten wirtschaftlichen Situation erschwert bzw. ist dies nicht mehr möglich.

  • Soweit finanzielle Engpässe bestehen, sollen Elternbeiträge für den Unterricht an der Musikschule bzw. für VHS-Kurse sollen gestundet bzw. in Härtefällen erlassen werden können. Musikschule und VHS sind Bildungseinrichtungen, die eine gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen.
  • Es sollte die Möglichkeit bestehen, dass Eltern sich bei den Elternbeiträge für die Kinderbetreuung nach den Stichtagen neu einstufen lassen können, um so hohe Beiträge bei tatsächlich geringerem Einkommen (z.B. Kurzarbeitbescheid) zu vermeiden. Soweit Kosten gar nicht getragen werden können, ist die Möglichkeit einer Stundung in Betracht zu ziehen (Härtefälle).
  • Eine Erhöhung der Elternbeiträge in den Kitas zum 1.3. 2020 auf den 1.9. 2020 verschieben.
  • Die Kosten für das Mittagessen in Kitas und Schulen stellen eine Belastung für die Familien dar. Auch hier könnte analog zu anderen Beitragsanpassungen über eine Reduzierung der Beiträge aufgrund von Bescheiden nachgedacht werden.

Mietwohnungen

Die Rezension bedroht die Existenzgrundlage der Arbeitnehmer und somit auch die Zahlung der Mieten. Dadurch können die Vermieter die Mietverhältnisse spätestens ab 1. 7. 2020 kündigen. Die Stadt wäre dann gefordert diese Bürgerinnen und Bürger in Notunterkünften unterzubringen.

  • Als Präventionsmaßnahme sollte kurzfristig eine Mietgarantie durch die Stadt Nürtingen gegeben werden bzw. könnte die Stadt als Zwischenmieter auftreten.

Arbeit und Beschäftigung

  • Keine Kürzung der Zuschüsse an Träger und Dozenten in unseren Einrichtungen.
  • Erntehelfer: Geduldete Geflüchtete sollen die Möglichkeit bekommen, als Helfer*innen mitarbeiten zu können.

II. Mittelfristige Maßnahmen

Familiencard

Die Einführung einer Familiencard bzw. die Aktualisierung der Nürtinger Familienpasses (siehe gesonderter Antrag 2019).

Sozialfond

Die Einrichtung eines Sozialfonds für sozial bedürftige Familien in Kooperation mit Caritas und Diakonie bzw. freie Träger.

  • Vorsorge für Härtefälle
  • Kriterien erstellen für die Zuteilung
  • Licht der Hoffnung dafür gewinnen
  • Verein Gemeinsinn evtl. als Verein
  • Kooperationen mit bestehenden Vereinen anstreben

ÖPNV ausbauen: Einführung des Stadttickets ab 1.1.2021

Das Stadtticket dient der Nachhaltigkeit und schafft finanzielle Entlastung.

Kita-Gebühren

Einführung einer 4. Stufe bei den Elternbeiträgen: Diejenigen, die ein höheres Einkommen haben, können auch einen größeren Teil zu den Kosten beitragen.

Stärkung des Nürtinger Einzelhandels

Den Verein Citymarketing Nürtingen e.V. zu unterstützen, eine „Nürtingen Card“ einzuführen.

Quartiersentwicklung

Die Quartiere und die nachbarschaftliche Vernetzung verstärkt in Kooperationen mit Kirchen und freien Trägern fördern.

  • Nachbarschaftshilfe und entsprechende Plattformen wie https://www.nuertingen.org/  auch über Corona hinaus fördern
  • Quartiermanager oder Quartiersteams einsetzen

Das Projekt Kleintischardt könnte als Modellprojekt auf andere Quartiere übertragen werden.

Für die SPD-Fraktion

Bärbel Kehl-Maurer, Michael Medla, Bernhard Schober, Markus Frank