Herr Oberbürgermeister Heirich, meine Damen und Herren,
„Es ist eine demokratische und inhaltliche Selbstverständlichkeit, dass die Menschen, das Haus, in dem sie leben wollen, selbst planen und gestalten wollen.“ Diesen Ausspruch von Bertolt Brecht könnten wir als Leitmotiv, als Zusammenfassung für die Bürgerbeteiligung übernehmen.

Wir alle – auch wir Stadträtinnen und Stadträte – sind Bürger dieser Stadt. Bei den Entscheidungen über wichtige Projekte, über die Zukunft dieser Stadt wollen wir gefragt, gehört und beteiligt werden. Und das nicht nur als Amtsträger !

Das bedeutet, dass es in allen Projektphasen einen intensiven Dialog, eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Bürgern, Gemeinderat und Stadtverwaltung geben muss. Bürgerschaftliche Beteiligung schränkt dabei nicht die Rechte des Gemeinderates ein. Im Gegenteil: Ein souveräner Gemeinderat kann mit den Bürgern seiner Stadt kommunizieren, Entscheidungen diskutieren und Visionen über die Zukunft entwickeln. Wir alle wissen aus eigener Erfahrung und durch gute Beispiele wie Enzenhardt Platz oder ISEK, dass Bürgerbeteiligung keineswegs verlorene Zeit ist. Sondern, dass wir die Kompetenzen der Bürger für die einzelnen Projekte nutzen und so auch maßgeblich zur Akzeptanz von Entscheidungen beitragen können. Denn echte Bürgerbeteiligung schafft Vertrauen.

Ein aktuelles Beispiel dafür ist das Ergebnis der Arbeitsgruppe Bürgerbeteiligung und das dabei entstandene Konzept, mit dem wir durch systematische Bürgerbeteiligung zu tragfähigen und nachhaltigen Lösungen kommen wollen.

Dieses Konzept befürworten wir ohne Einschränkung.

Drei Punkte will ich aber doch hervorheben:

1. Die Möglichkeit sich zu beteiligen, hat damit jeder! Sie gilt für die Nürtinger Bürger ebenso wie für die Mitglieder des Gemeinderats, die Ortsbeiräte, die Stadtverwaltung und die Nürtinger Foren.

2. Eine echte Bürgerbeteiligung braucht solide Eckpfeiler! Diese Grundsätze oder Werte sind Verständlichkeit in der Projektbeschreibung, Wahrhaftigkeit bezüglich der Fakten, Transparenz und Offenheit in der Kommunikation und schließlich, Kontinuität und Nachhaltigkeit. Nur so können sich alle Beteiligten auf gleicher Augenhöhe begegnen und kommunizieren. Fehlt dieses solide Fundament, dann bleibt eine Bürgerbeteiligung immer nur eine Alibifunktion und wird bei den Bürgern eher gegenteilige Reaktionen erzeugen. (Auch hier kennt jeder von uns aus der jüngsten Vergangenheit genügend abschreckende Beispiele!) Wir müssen uns daran messen lassen.

3. Und schließlich: Damit ein solcher Beteiligungsprozess in Gang gesetzt werden kann, muss es jedoch eine Anlaufstelle geben, die Transparenz und Offenheit garantiert. Wir denken – ebenso wie Mitglieder der Arbeitsgruppe – hier an einen Beauftragten für Bürgerbeteiligung in der Stadtverwaltung und einen Beirat Bürgerbeteiligung. Dass dies Kosten mit sich bringt, ist uns auch klar. Wir fordern hier auch keine zusätzliche Personalstelle, sondern dass ein gewisser Prozentsatz der Arbeitszeit dafür zur Verfügung gestellt wird.

Wir können nicht zwei Schritte vor und wieder einen Schritt zurück machen.

Fazit: Wir von der SPD-Fraktion haben das Thema noch lange nicht abgehakt. Jetzt gilt es diese Zielvorgaben in der politischen Praxis umzusetzen. Wir haben hier die Chance eine Kultur der Bürgerbeteiligung in Nürtingen zu realisieren. Nutzen wir sie.