Ein Jahr Grün-Schwarz – der Kirchheimer SPD-Landtagsabgeordnete Andreas Kenner ließ nicht viel gute Haare an der Landesregierung.  Er war zu Gast bei der Jahreshauptversammlung der Nürtinger SPD im Hotel Pflum. Vor allem übte er Kritik an den GRÜNEN: Teils würden sie sich bei Kritik an grün-roten Beschlüssen wegducken, teils würden sie von ehemaligen Positionen abrücken. Es gebe auch keine gemeinesame Landespolitik mehr: Die CDU mache in ihren Bereichen, was sie wollten, die GRÜNEN in den ihren. So vermeide man zwar Streit, finde aber auch keine gemeinsame Linie.

Der Bericht:

Nur bei geschlossener Schneedecke

Jahreshauptversammlung der SPD – Viele neue Parteieintritte

(we) „Spannend“ sei die Landespolitik, erklärte der Kirchheimer SPD-Landtagsabgeordnete Andreas Kenner, der zum ersten Mal als Abgeordneter im Stuttgarter Landtag sitzt. Er berichtete auf der Jahreshauptversammlung der Nürtinger SPD von seinen Erfahrungen, anschließend blickte Vorsitzende Bärbel Kehl-Maurer in ihrem Rechenschaftsbericht auf die vielfältigen Veranstaltungen zurück.

Als interessierter Neuling und als erfahrener Kommunalpolitiker bringt Andreas Kenner gute Voraussetzungen mit, um das landespolitische Geschehen aus einer gewissen Distanz beobachten zu können. Nicht nur mit Kritik, sondern auch durchaus mit Objektivität und einem gewissen Wohlwollen manchen parteipolitischen Spielchen gegenüber. Ganz klar sieht der SPD-Landespolitiker auch: „Wir sind eine 12-Prozent-Partei, und so werden wir behandelt.“

Über manches kann er sich lustig machen: Da ist die CDU-Frau Nicole Razavi, die ständig die grün-rote Verkehrspolitik kritisiert hatte – und nun sitzt sie im Verkehrsministerium unter dem ehemals gescholtenen Minister Wilfried Hermann. Oder über die GRÜNEN, die im Petitionsausschuss schon mal den Ausbau von Windkraftanlagen stoppen, den sie früher gefordert hatten.  Oder über Landwirtschaftsminister Hauk, der ein neues Landesjagdgesetz wollte und in diesem erreichte, dass Wildschweine auch im März geschossen werden dürften – „aber nur bei geschlossener Schneedecke“.

Der grün-schwarze Koalitionsvertrag sei in vielen Punkten sehr vage gehalten, so Kenner weiter. Man müsse auch wissen, dass es zwar zwei Minister weniger gäbe, dafür aber acht Staatssekretäre mehr. Überhaupt glaube er, dass Kretschmann allmählich die Energie ausgehe. „Was der Herr Strobl macht, geht mich nichts an“, habe dieser gesagt. Kenner sieht in dieser Aussage den Beweis, dass es keine gemeinsame Regierungspolitik in Stuttgart mehr gebe. Die Ministerien machten, was sie wollten, je nachdem, ob die Minister der CDU oder den GRÜNEN angehören. Und Strobl sei jemand, der sich in den Medien gut darstellen könne.

Aber Kenner spricht auch über Positives: Die Arbeit in den Ausschüssen sei sehr erfreulich. Hier werde ernsthaft argumentiert. Kenner ist Sprecher seiner Fraktion für die Themen Jugend, Familie und Senioren. Kritik übte er an den Vertretern der AfD: sie wollten die Zuschüsse für Klassenfahrten zu nationalsozialistischen Gedenkstätten streichen. In der Familienpolitik wollten sie zurück in die 50er Jahre: die Gleichstellungsbeauftragte wie auch die Integrationsbeauftragte sollten entlassen werden, und man könne ja auch Geld sparen, indem man die Kindertagesstätten nachmittags schließe: Frauen, zurück an den Herd!

Die SPD in Baden-Württemberg sieht Andreas Kenner wieder im Aufwind. Viele Verbände, Vereine, Gruppierungen würden sich an die SPD-Fraktion wenden. Zum Beispiel die Landfrauen, die nicht wollten, dass die CDU den einwöchigen Bildungsurlaub wieder abschafft. Aber Kenner ist auch klar, dass bis zur nächsten Landtagswahl noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten sei. Ganz wichtig sei der soziale Wohnungsbau; der „Markt“ baue eben keine günstigen Wohnungen, wie die CDU meine, da müsse das Land kräftig nachhelfen. Und die SPD werde auch zukunftsfähige Konzepte entwickeln, wie es mit der Industriegesellschaft weitergehe.

In ihrem Rechenschaftsbericht ließ Ortsvereins-Vorsitzende Bärbel Kehl-Maurer die vielfältigen Veranstaltungen und Aktivitäten der Nürtinger SPD im Jahr 2016 Revue passieren. Insbesondere das „Ei der Heckschnärre“, das Sommerfest und mit Mitarbeit bei den Nürtinger Friedenswochen stellte sie in den Vordergrund, aber auch die Zerbster Ausstellung im Nürtinger Rathaus und den Zehn-Punkte-Plan zur Kinderbetreuung in Nürtingen. Dazu habe sich bereits eine gemeinderätliche Arbeitsgruppe gebildet, die dabei ist, diese Vorschläge umzusetzen. Erfreut zeigte sie sich auch über fünf neue SPD-Mitglieder, die aufgrund der Aufbrauchstimmung in der SPD in die Partei eingetreten sind.

Zuvor hatte Kassiererin Kristina Frommelt-Kehl die Einnahmen und Ausgaben des Jahres 2016 erläutert. Die Kassen-Revisoren Sieglinde Hartmann und Wolfgang Dietz-Gabriel hatten die Richtigkeit festgestellt. Daraufhin konnte die Kassiererin entlastet werden.