Der Wahlkampf hat schon angefangen. Spätestens nach der Lektüre der als redaktioneller Beitrag getarnten Pressemitteilung der Nürtinger CDU dürfte das auch dem gutgläubigsten Leser bewusst geworden sein. Der Ansatz: Man stellt eine selbstverständliche und unbestrittene Behauptung auf und signalisiert damit, dass der politische Gegner – in dem Falle die Landesregierung aus Grünen und SPD – die Realschulen abschaffen will. Was nicht der Wahrheit entspricht – aber das eigene Lager als Retter der baden- württembergischen Bildungslandschaft dastehen lässt.
Um diese Position weiter zu stärken, folgen dann haltlose Vermutungen und Schlussfolgerungen zur Neuordnung der Schullandschaft. Kurzum: Es werden Ängste geschürt und Gerüchte in die Welt gesetzt.
Kernpunkt ist die Befürchtung der CDU, dass es künftig „eine Schule für Alle“ geben könne. Hier frage ich mich, für wen denn die Schule da sein sollte? Für nur Wenige? Oder nur für einige Auserwählte? Wo bleibt dann die Chancengleichheit?
Als Beweis für das mit der Gemeinschaftsschule hereinbrechende Unglück wird angeführt, dass man die verbindliche Grundschulempfehlung abgeschafft habe und dass auch die von der CDU-Regierung noch etablierten Werkrealschulen offensichtlich keine Zukunft hätten. Was aber spricht eigentlich dagegen, dass der weitere Schulweg von Grundschülern von ihren Eltern bestimmt wird, die für ihre Kinder verantworlich sind? Und warum geben die Werkrealschul-Initiatoren nicht endlich zu, dass diese Schulart von Anfang an nur ein Etikettenschwindel war? Grundsätzlich sei an dieser Stelle gesagt, dass die Werkrealschulen gute Arbeit leisten.
Unbestritten ist, Deutschland hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Und damit auch die Anforderungen an das Bildungsangebot. Und darüber müssen wir diskutieren. Ein „weiter so“ und „keine Experimente“ hilft da nicht weiter – weder im Lande selbst noch im internationalen Wettbewerb. Fundierte Bildung für Alle ist Deutschlands Fahrkarte in die Zukunft. Mit Gemeinschaftsschulen, Realschulen und Gymnasien.
Bärbel Kehl-Maurer