Ganz im Zeichen der politischen Situation in Berlin stand die Jahreshauptversammlung der Nürtinger SPD im Katholischen Gemeindezentrum St. Johannes. Dr. Nils Schmid berichtete über die Beratungen der SPD in den verschiedenen Gremien und über die weitere Entwicklung.

Schmid, der seit seiner Wahl in den Bundestag zum ersten Mal offiziell vor dem Ortsverein der Nürtinger SPD sprach, hatte sich bereits auf die härteren Oppositionsbänke eingestellt. Er machte aber klar: „Wir machen keinen Wahlkampf, um in die Opposition zu gehen!“ Schmid erteilte auch einer Minderheitsregierung eine klare Absage. Eine solche Regierungsweise sei nur dann sinnvoll, wenn man selber den Kanzler stelle. Wenn es um soziale Themen gehe, hätte die SPD im Falle einer CDU/CSU-Minderheitsregierung schlechte Karten, weil sie dann für ihre Ziele keine Mehrheiten bekommen könne..

Er äußerte zwar Verständnis für diejenigen Parteimitglieder, die angesichts der Stimmenverluste bei der Bundestagswahl frustriert und zutiefst verunsichert sind. Aber nun müsse Schluss sein mit der „Selbstbejammerung“: „Die Bürgerinnen und Bürger erwarten, dass wir sagen, was wir wollen, und nicht immer, was wir nicht wollen.“ Auch Martin Schulz dürfe nicht länger zögern, Inhalte und Ziele klar zu benennen, wie das die neue Fraktionschefin Andrea Nahles vorbildlich gemacht habe. Auch müsse verstärkt über Europa geredet werden. Es sei ein Fehler gewesen, in den letzten Jahren das Thema Europa dem CDU-Finanzminister Schäuble zu überlassen. “Wenn wir die EU verändern wollen, muss das jetzt mit dem französischen Präsidenten Macron geschehen.“ Auch deshalb müsse die SPD Regierungsverantwortung übernehmen.

Schmid lässt auch das Argument nicht gelten, die SPD könne sich nur in der Opposition erneuern.  Der Erneuerungsprozess müsse sich parallel zum Regieren abspielen. Dazu gehöre es auch, die Zersplitterung der SPD in zu viele Arbeitsgruppen zu straffen und diese zusammenzuführen. Neben dieser strukturellen Erneuerung müsse es auch eine inhaltliche geben. „Wir müssen die Alltagsprobleme anpacken“, forderte Schmid und nannte als Beispiele den Wohnungsmangel, eine nachhaltige Verkehrspolitik, verbesserte Kinderbetreuung, gut ausgestattete Schulen, genügend Lehrer und auf dem Land genügend Ärzte und andere Infrastruktureinrichtungen. Der Staat, so Schmid, dürfe sich nicht aus der Fläche zurückziehen. „Eine wirkliche Erneuerung der SPD geschieht durch das Bild, das wir für die Zukunft unserer Gesellschaft entwerfen.“ Dazu gehöre als ein wesentlicher Teil die Digitalisierung und ihre Auswirkungen auf die Arbeitswelt und alle anderen Bereiche der Gesellschaft.

In der langen und lebhaften Diskussion wurden noch Fragen zum Schlagwort “Erneuerung, zur Haltung der SPD zur Flüchtlingsfrage, zum weiteren Verlauf der Verhandlung mit der CDU/CSU sowie zum politischen Weg des noch jungen Bundestagsabgeordneten Schmid gestellt. Schmid machte dabei klar, dass er die Anregungen und Meinungen, die in den SPD-Ortsvereinen vorgetragen werden, in den Diskussionsprozess einbeziehen werde. Er ist sich sicher, dass viele Ziele der SPD in den Verhandlungen mit der CDU/CSU durchgesetzt werden können: „Dann werden auch auch die SPD-Mitglieder einer erneuten CDU/CSU/SPD-Koalition zustimmen.“

Ortsvereinsvorsitzende Bärbel Kehl-Maurer hatte begrüßt und sich über den guten Besuch der Veranstaltung erfreut gezeigt. Sie gab Schmid auf den Weg, auch kontroversen Debatten nicht zu scheuen: „Die SPD ist basisdemokratisch aufgestellt.“ Um der Hauptversammlung einen weihnachtlichen Anstrich zu geben, hatten Erika Maag-Brammer und Angela Tuchscherer die Buchstaben S,P und D als Bredla gebacken; ihr Motto dabei: „Wir backen uns unsere SPD selber.“