NÜRTINGEN. (we) Scharfe Kritik übte der SPD-Bundestagsabgeordneter Rainer Arnold auf der letzten Mitgliederversammlung der Nürtinger SPD an der Haltung der CDU/CSU in der Flüchtlingsfrage. Auch Kreisrat Michael Medla und Landtagskandidat Sebastian Schöneck bezogen Position.

Es sei eine „Schande für die Welt“, dass die Gelder der Nationalstaaten für das UNO-Flüchtlingshilfswerk nicht gezahlt werden, urteilte der SPD-Bundestagsabgeordnete Rainer Arnold. Wenn die Menschen in den Flüchtlingsunterkünften besser versorgt werden könnten, würde das manche davon abhalten, sich auf den Weg nach Europa zu machen. Klar ist für ihn: „Wir haben eine moralische Verantwortung für Menschen in Not.“ Und er bezeichnete es als „seltsam“, dass „einige andere Regierungen“ das nicht so sehen.

Der CDU warf er vor, „verantwortungslos“ zu handeln, da sie mit der Frage der Kostenübernahme für die Flüchtlinge durch den Bund taktische Spielchen treibe. Noch schwerer aber wiege, dass die CDU dafür gesorgt habe, dass das Thema Flüchtlinge stets unter den Aspekten „Angst“ und „Sorgen“ gesehen würde. Damit würden in der Bevölkerung vorhandene Ängste noch geschürt – „Politik sollte aber das Gegenteil bewirken“, so Arnold. Ferner sei es ein Unding, von den Flüchtlingen eine „Eigenbeteiligung“ beim Spracherwerb zu fordern. Damit schaffe man einerseits ein bürokratisches Hindernis, andererseits wisse man auch bei der CDU genau, dass Spracherwerb einer der wichtigsten Voraussetzungen für Integration sei, die man ja selber fordere.

Es räche sich jetzt, so Arnold weiter, dass die CDU/CSU bisher ein Einwanderungsgesetz abgelehnt habe. Damit wäre es möglich, gut ausgebildete Leute, die aufgrund des Asylrechts abgeschoben werden müssten, zu halten. Besonderes tragisch sei das bei Menschen, die sich bereits länger in Deutschland aufgehalten haben und jetzt bei der Integration weiterer Flüchtlinge als Ehrenamtliche wertvolle Hilfe geleistet hätten. „Wer gut integriert ist, muss Einwanderer werden können“, forderte Arnold. Im Asylpaket II, das im nächsten Jahr verabschiedet werden soll, müssten solche Möglichkeiten geschaffen werden.

Eine andere Perspektive auf die Flüchtlinge habe die Kreispolitik, so SPD-Kreisrat Michael Medla. Hierbei komme es vor allem darauf an, die aktuelle Situation bestmöglich anzugehen und Pragmatismus an den Tag zu legen. Kritik übte Kreisrat Medla an Landrat Eininger und dessen „politischen Haushaltsentwurf“. Dieser sah eine deutliche Erhöhung der Kreisumlage vor, obwohl bereits eine Zusage der Landesregierung eine Kostenübernahme in Aussicht stellte. Unnötige Irritationen der Kämmereien im ganzen Landkreis waren die Folge. Letztendlich gelte nun eine Spitzabrechnung, sodass sich die Erhöhung erübrigte.
Auf Antrag der SPD werde seit den vergangenen Haushaltsberatungen transparent gemacht, welche Kommunen bereits Unterbringungen geplant und realisiert haben. „Die Lasten müssen fair auf alle verteilt werden“, begründet Michael Medla das Anliegen. Im Vergleich stehe Nürtingen durch die Planungen bis 2016 gut da.

Neben der Beschaffung von Unterbringungsplätzen sei der Spracherwerb das zweite wichtige Feld, um das sich die Kommunen kümmern müssten. In Zusammenarbeit mit den Volkshochschulen gebe es bereits viele Kurse, aber die Nachfrage ist weitaus größer. Um Engpässe abbauen zu können, mangelt es derzeit an Lehrkräften sowie an Räumlichkeiten. Zurzeit liefen in der Nürtinger VHS 21 Kurse, ergänzte Stadträtin Bärbel Kehl-Maurer, die auch Mitglied im vhs-Beirat ist. Auch müsste dann noch die Finanzierung der Kurse neu geregelt werden.

Das dritte wichtige Betätigungsfeld der Kommunen sei die Flüchtlingsbetreuung. Kreisrat Medla lobte die Arbeit der AWO, die angesichts der Aufgabenfülle allerdings deutlich an ihre Grenzen gerate. Auch hier fehle ausreichend qualifiziertes Personal, um das anvisierte Betreuungsverhältnis von 1:100 zu erreichen. Für die Koordination der Ehrenamtlichen stelle der Landkreis darüber hinaus den großen Städten Stellenanteile zur Verfügung.

„Das Land lässt die Kreise nicht hängen!“, stellte der SPD-Landtagskandidat Sebastian Schöneck klar und korrigierte dabei gezielte Falschmeldungen. Die Kosten des Landkreises für die Flüchtlinge würden von der grün-roten Landesregierung 1:1 ersetzt. Schöneck warnt auch vor einem Verteilungskampf um „bezahlbaren Wohnraum“. Die SPD habe immer schon ein stärkeres Engagement der Kommunen beim Sozialen Wohnungsbau gefordert. „Es ist schade, dass dieses Thema erst mit den Flüchtlingen wieder aufgegriffen wird.“ Jeder Flüchtling, der als Asylsuchender anerkannt sei, sei „Mitbürger“ und habe das Recht auf eine Wohnunterkunft. Es müssten allerdings auch hinderliche Baurichtlinien gelockert oder abgeschafft werden. Schöneck kündigte an, das Thema Sozialer Wohnungsbau im bevorstehenden Landtagswahlkampf aktiv anzugehen.