Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren,

der erste Doppische Haushalt der Stadt Nürtingen liegt vor.

Vielen Dank für die Erstellung an Herrn Gluiber und sein Team.

Trotz der Umstellung fehlt mir  im Haushaltsplan 2015 eine nutzerfreundlichere Darstellung und – eine höhere Transparenz. Nicht jeder Stadtrat ist Controller, Steuerberater oder Stadtkämmerer.

Wir gehen also im Jahr 2015 von einem Etat von rd. 128 Millionen Euro aus. Daneben hat die Stadt Nürtingen Darlehen in Höhe von knapp 12 Millionen Euro.

Das entspricht einem Anteil am Haushalt 2015 in Höhe von 0,3 % für Zinsen und 0,4 % für Tilgung!

Weiterhin festgelegt sind aus dem Haushalt 2015 rd. 114 Millionen (89 %) für Verwaltung, Räumlichkeiten, Abschreibungen, Energieversorgung, allgemeine Dienste, u.s.w.

So bleiben für Investitionen 2015 nur insgesamt also ca. 15 Millionen, einschließlich der GWN.

Das wären an reinen Investitionen pro Nürtinger Bürger 375 Euro! Und damit        weit weniger als die vom OB „Auszahlung“ genannte Summe.

Was lässt sich mit 15 Mio. € machen? Halten wir uns noch einmal vor Augen,       was Nürtingen und seine Bürger aktuell wirklich brauchen und was – zum Teil    schon jahrelang ohne je konkret zu werden – diskutiert wurde. Die nachfolgende Reihenfolge stellt dabei keine Wertung dar.

Kinderhäuser und -Betreuung in Nürtingen!

Kinderbetreuung ist ein Standortfaktor. Er ist u.a. maßgebend für die Entscheidung von jungen Familien sich in Nt anzusiedeln. Es ist deshalb dringend notwendig den

Neubau der Kinderhäuser in der Braike und in Neckarhausen endlich zu planen und zu beginnen. Dabei helfen uns Finanzierungsmöglichkeiten durch den Bund,  d.h, es ist möglich kostengünstig zu bauen und trotzdem das pädagogische Konzept umzusetzen. Allerdings sehen wir hier absolut nicht die Notwendigkeit in einem

Wohngebiet eine Großproduktionsküche zu errichten. Dafür gibt es in Nürtingen genügend andere Möglichkeiten in unseren Industriegebieten.

Ganztagsschulen und Gemeinschaftsschulen! 

Wir müssen die Schulstadt Nürtingen endlich den geänderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen anpassen! Das heißt, Grundschulen zu Ganztagesschulen auszubauen. Hier geht es zunächst um den Aspekt des gemeinsamen Lernens. Darüber hinaus bedeutet Ganztagesschule auch Entlastung der Familien und eine dadurch mögliche Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Es ist leider Fakt, dass viele junge Familien auf zwei Einkommen angewiesen sind, um über die Runden zu kommen.

Darüber hinaus müssen wir uns konstruktiv mit der Gemeinschaftsschule auseinandersetzen und Entscheidungen der Eltern über die schulische Laufbahn ihrer Kinder akzeptieren. Es darf nicht sein, dass wir neue Möglichkeiten der schulischen Bildung erst gar nicht diskutieren, weil sich mancher von uns darunter nichts vorstellen kann oder in überholten Schulvorstellungen verhaftet ist. Jedes Kind muss seinen Fähigkeiten entsprechend gefördert werden. Das braucht eine Gesell-schaft, wenn sie nicht Gefahr laufen will, dass mittel- und langfristig ihre Demokratie darunter leidet. Und unsere Stadt muss und kann dazu – wohl durchdacht und mit konkreten Maßnahmen – einen Beitrag leisten.

Das Bildungszentrum Schlossberg!

Die Planungen für das Bildungszentrum Schlossberg sollten schnellstens beginnen – auch wenn eine Realisierung nur mittelfristig erfolgen kann. Der anstehende „Kooperative Wettbewerb“ bietet die Möglichkeit unterschiedliche Planungsvorschläge zu erhalten und die künftigen Nutzer einzubeziehen.

Bezahlbare Wohnungen!

Bezahlbare Wohnungen in Nürtingen werden gesucht – und fehlen zumeist.

Im Dezember 2014 hat die SPD-Fraktion einen Antrag eingebracht, in dem wir für  junge Familien, Alleinerziehende, Senioren oder Wohnungslose und Flüchtlinge

bezahlbaren Wohnraum gefordert haben. Das ist – im Grunde genommen – eine Selbstverständlichkeit. Es gibt so etwas wie ein ungeschriebenes Grundrecht auf menschenwürdiges Wohnen. Aber da es Menschen gibt, die marktgerechte Mieten schlichtweg nicht bezahlen können, verlangt dies auch in Nürtingen nach einer zeitgemäßen Antwort.

Wir denken, dass mit den örtlichen Baugenossenschaften, Bauträgern und den Bürgern neue Wege begangen und bezahlbare Wohnungen geschaffen werden können. Innovative Denkansätze wie im Gänslesgrund weisen den Weg. Dabei muss die Stadt federführend sein. Baugrund ist in Nürtingen aufgrund seiner begrenzten Verfügbarkeit viel zu kostbar, um damit leichtfertig umzugehen. Beim Verkauf von Flächen ist nicht nur auf den gebotenen Preis zu achten, sondern auf die Bedürfnisse der Bürger.

Funktionale Sporthallen! 

Der Sportentwicklungsplan sieht jetzt die Realisierung des Anbaus für einen neuen Bewirtungsbereiches der Theodor-Eisenlohr-Halle vor. Eine konkrete Planung besteht ebenfalls. Damit trägt die Stadt dazu bei, dass die Sportveranstaltungen attraktiver werden.

Ein weiteres dringend notwendiges Projekt ist ein Leistungszentrum des Turner-bundes Neckarhausen, wie es im Sportentwicklungsplan vorgesehen ist und seit langem diskutiert wird.

Solche Investitionen helfen nicht nur den Sportvereinen, sondern stärken auch das  Miteinander. Das  gilt für die Integration von Neubürgern ebenso wie für Menschen mit Migrationshintergrund oder Flüchtlinge.

Chancen für Flüchtlinge!

Es zeichnet NT aus, dass sich ein Netzwerk gebildet hat, in dem viele NT Bürger ehrenamtlich Flüchtlinge begleiten und sie unterstützen. Auch für diese Menschen werden Wohnungen, Ausbildungs- und Arbeitsplätze gebraucht. Es ist eine große Chance für unsere Stadt diese Menschen zu integrieren.

Wie aber soll das Alles finanziert werden oder wie kann Nürtingen zu zusätzliche Einnahmen kommen?

Aus unserer Sicht ist die Stadt – ebenso wie ihr Haushaltsplan – ein geschlossenes System. Wenn an einer Stelle etwas verändert wird oder fehlt, hat das Auswirkungen an anderer Stelle: Denn Alles korrespondiert mit Allem!

Wenn Gewerbegebiete wie Großer Forst endlich erschlossen sind, so dass sich örtliche, aber auch auswärtige Betriebe dort ansiedeln können, bedeutet das für die Stadt zusätzliche Gewerbesteuer, neue Arbeitsplätze und Einkommen, die in der Stadt ausgegeben werden.

Nürtingen muss sich als Einkaufstadt stärken, insbesondere in Anbetracht der anstehenden Erweiterung in Metzingen. Wir sind der Auffassung, dass dies auch im ureigensten Interesse Ziel unserer Geschäftsleute sein müsste.

Die Stadt kann hier jeden Interessenten unterstützen, gemeinsam mit ihm Pläne entwickeln oder neue Modelle diskutieren. Unser gemeinsames Ziel ist: Nürtingen, die attraktive Einkaufsstadt. 

Das Tourismus-Angebot sollte weiter ausgebaut werden. Es ist noch Potential vorhanden. Der Bericht über die aktuelle Studie von Herrn Dellnitz, von Regio Stuttgart Marketing GmbH, hat das klar bewiesen.

Dies alles haben wir auch beim Prozess des Integrierten Stadtentwicklungskonzepts (ISEK) immer wieder diskutiert. Die Erkenntnisse daraus müssen endlich in unsere Planungen einfließen, denn sie sind wichtig für die Bürger dieser Stadt.

Über die „Schwarze Null“:

Nach meinem Verständnis sind Begriffe wie eine schwarze oder rote Null lediglich politische Nebelkerzen. Eine Null – vorausgesetzt, sie steht am Anfang einer Zahl   hat keine Farbe. Sie steht für „neutral“ oder „ausgeglichen“. Und in unserem Haushalt keineswegs für schuldenfrei, sondern nur für „keine neuen Schulden“!

Uns geht es um die Frage, ob und wie wir mit den zur Verfügung stehenden Investitionsmitteln das bestmögliche Ergebnis erreichen, also Projekte verwirklichen können, um unsere Stadt zukunftsfähig zu machen. Im Übrigen darf hier auch nicht vergessen werden, dass viele Zuschüsse des Landes oder des Bundes für kom-munale Projekte nur freigegeben werden, wenn eine Kommune bereit ist finanziell   in Vorleistung zu gehen.

Wir brauchen Bürgerbeteiligung!

Die Beteiligung der Bürger – wie etwa beim ISEK-Prozess – bei der weiteren „Gestaltung“ ihrer Stadt, halten wir für zwingend notwendig. Ein entsprechendes   Konzept wurde bereits verabschiedet. Jetzt heißt es dieses umzusetzen.

Wir sehen es als Aufgabe des Gemeinderates gemeinsam mit den Bürgern Ideen und Konzepte entwickeln, strategische Ziele festlegen und – mit der Stadtverwaltung die genannten Projekte voranzutreiben.

Vielen Dank.

Bärbel Kehl-Maurer