Anträge der SPD-Fraktion zum Haushalt 2022 – 19. Oktober 2021
1. Wohnen
Die SPD beantragt,
1. die Verabschiedung von Leitlinien für den Wohnungsbau:
- Ergänzend zu den bestehenden Grundsätzen für den Wohnungsbau – die Investition von 5 Mio. € pro Jahr für den Wohnungsbau, sowie der Bau von durchschnittlich 20 eigenen Wohnungen pro Jahr durch die Stadt Nürtingen – soll festgehalten werden, dass der Verkauf von Grundstücken zu Wohnzwecken durch die Stadt nur bei einem zweckgebundenen Einsatz der Mittel für den eigenen Wohnungsbau der Stadt erfolgen darf.
- Gegenüber dem Verkauf mit einer Sozialbindung grundsätzlich der Erbbau als bevorzugte Variante der Umsetzung verfolgt wird.
- Die GWN auch in der weiteren Strukturierung gemäß der Beschlussfassung des Gemeinderats weiterhin die (Aus-)Gründung einer eigenständigen Wohnungsbaugesellschaft offenhält. Die Evaluation der getroffenen mehrheitlichen Entscheidung über die Wahl des Eigenbetriebs noch aussteht.
- In 2022 die Ausgaben durch den Verkauf von Grundstücken für den Wohnungsbau um den Betrag reduziert wird, der nicht in den stadteigenen Wohnungsbau reinvestiert werden kann.
- Die erstmals im Verkauf der Kita Rümelinstraße zur Anwendung kommenden Vergaberichtlinien zu einem Grundsatzbeschluss über das Vergabeverfahren und -kriterien weiterentwickelt werden.
- Die Stadtverwaltung soll die Gründung einer stadteigenen Projektgesellschaft auch unter Beteiligung Dritter (Firmen, Bürger*innen) zur Realisierung von städtischen Wohnungsbauprojekten für den Zeitraum der nächsten fünf Jahre prüfen. Ein mögliches Quartier stellt hierfür das Gebiet „Am Wasserfall“ dar.
- die Möglichkeiten der Überbauung der Parkplätze zu prüfen und mit den
Firmenvertretern im Wirtschaftsbeirat zu erörtern. - das Projekt Tiny Houses weitervoranzutreiben, indem geeignete städtische Grundstücke gesucht werden. Das Einbeziehen der Anwohner und Interessentinnen ist hier besonders wichtig, ebenso dass das erste Grundstück gut gewählt wird, d.h. eine möglichst breite Akzeptanz findet.
Begründung:
Wohnen ist die soziale Frage unserer Zeit, die nur durch die Umsetzung verschiedener Strategien gelöst werden kann. Neben der Baulandentwicklungsstrategie, die bereits vorliegt, müssen wir auf die Vielfalt der Wohnformen und zukunftsweisende Realisierungsmöglichkeiten setzen. Dabei ist die Gründung einer Wohnungsbaugesellschaft eine vielversprechende und von SPD-Fraktion bevorzugte Möglichkeit. Als SPD-Fraktion sind wir zudem der Auffassung, dass der Verkauf von Grundstücken für den Wohnungsbau stets nur ein Ausnahmefall darstellen darf. Ein solcher wird in der Möglichkeit der Investition in eigene Wohnungsbauaktivitäten gesehen, um sowohl den freien als auch den stadteigenen Wohnungsbau zu stärken.
2. Sozial-ökologische Wende vor Ort angehen!
Die SPD beantragt,
1. Klimaschutzkonzeption:
- dass die Forderungen von Fridays for Future bei der Fortschreibung des Klimaschutzkonzeptes aufgenommen werden
- dass die Maßnahmen verwirklicht werden, die kurzfristig umgesetzt werden können. Hierzu ist der Klimaschutzmanagerin ein Budget von 20.000 € pro Jahr einzuräumen.
- dass die beantragten Projekte aus dem Klimaschutzkonzept im jeweiligen Haushaltsplan grundsätzlich mit Priorität gegenüber anderen Maßnahmen berücksichtigt werden
2. Bericht über die Umsetzung des Klimaschutzgesetzes Baden-Württembergs in Nürtingen:
- dass die Stadtverwaltung über die Umsetzung und Auswirkungen der Weiterentwicklung des Klimaschutzgesetzes Baden-Württembergs in Nürtingen berichtet.
- dass die Stadtverwaltung auch darüber berichtet, wie die Förderprogramme des Landes für die Umsetzung genutzt werden.
Begründung:
Die Großen Kreisstädte sind laut diesem Gesetz u. a. verpflichtet einen Wärmeplan bis 2023 zu erstellen, ab 2022 PV-Anlagen auf allen Neubauten von Nichtwohngebäuden sowie über Parkplatzflächen für mehr als 75 Stellplätzen zu errichten.
3. Solar- und Photovoltaik-Anlagen in der Innenstadt:
- dass die Stadt Nürtingen zusätzlich zur gesetzlichen PV-Pflicht auf Neubauten auch alle bestehenden und geeigneten Dächer bis spätestens 2025 mit einer PV-Anlage ausstattet.
- dass die Altstadtsatzung der Stadt Nürtingen geändert wird, damit PV-Anlagen uneingeschränkt angebracht werden können.
4. 1.000 (Klima-)Bäume Programm der Stadt Nürtingen
- dass die Stadt Nürtingen das 1.000 Bäume-Programm schneller vorantreibt, mit dem Ziel durch die Pflanzung von Bäumen die Stadt Nürtingen zu einer grünen Stadt am Neckar zu machen. Die dafür erforderlichen Mittel sind in den Haushalt der Stadt Nürtingen einzuplanen und soweit Drittmittel generiert werden können, entsprechend anzupassen.
Begründung:
Die letzten Sommer haben gezeigt, dass es durch den Klimawandel in den Innenstädten zu Hitzeinseln kommt und die Gesundheit der Bürger darunter leidet. Um dies zu vermeiden sollten kühle öffentliche Plätze durch eine intensivere Innenstadtbegrünung gestalten werden.
Bereits 2020 startete der Gemeindetag BW ein 1000-Bäume-Programm, das von vielen Städten und Gemeinden umgesetzt wurde. In Nürtingen wurden hierbei 150 Streuobstbäume gesponsert und gepflanzt. Anknüpfend an dieses Programm soll nun die Stadt erneut einen Anlauf für 1000 Bäume in Nürtingen, bevorzugt Streuobstbäume, anstreben.
5. Erhalt der Streuobstwiesen:
- dass die Stadt gemeinsam mit dem Obst- und Gartenbauverein und den Nürtinger Bürgerinnen und Bürger eine Initiative zum Erhalt der Streuobstwiesen in Nürtingen startet.
6. Energiegenossenschaft:
- um Investitionen in die lokale Energiewende zu ermöglichen, sollte eine Nürtinger Energiegenossenschaft gegründet oder Kooperationen mit bestehenden Energiegenossenschaften geprüft werden.
Durch die Einbindung der Bürgerinnen und Bürger könnten notwendige Finanzmittel aktiviert werden, mit dem Ziel verstärkt auf städtischen Gebäuden Photovoltaik-Anlagen zu errichten.
7. Zuschusstopf für Klimaschutzmaßnahmen
die Einrichtung eines Zuschusstopfes für eigene oder fremde Klimaschutzmaßnahmen in Höhe von 50.000 €. Die Freigabe der Mittel erfolgt durch den Ausschuss.
Begründung
Die Bezuschussung der Maßnahmen durch Förderprogramme erfordert oft auch einen Eigenanteil oder einen Zuschuss durch die Kommune. Ebenso könnten auch eigene Förderprogramme zusätzlich zu privaten Projekten entwickelt werden. Als Platzhalter soll daher die Summe von 50.000 € eingestellt werden, um einen solchen Mechanismus zu erproben. Die tatsächliche Ausgabe soll vom Beschluss des Gremiums abhängig gemacht werden. Mit anderen Worten: Geld ist da, es fließt aber erst, wenn es sinnvoll ausgegeben werden kann. Das schafft Planungssicherheit. Gerade in den nächsten Jahren ist es wichtig, keinen Fördertopf auszulassen und ggf. eine Co-Finanzierung schon von vornherein mit im Blick zu haben.
8. die Gründung eines Klimaausschusses
als beratender Ausschuss des Gemeinderats, in dem berufene Fachleute, Bürger*innen, Verwaltungsmitarbeiter*innen, der Klimaschutzmanager und Vertreter*innen des Gemeinderats Strategien und Maßnahmen zur Erreichung des Klimaschutzes diskutieren und dem Gemeinderat Empfehlungen geben können. (Klimalotsen der Fraktionen)
Begründung:
Um dem Klimwandel wirksam entgegenzuwirken, ist ein engagierter Klimaschutz unerlässlich. Dabei kommt den Kommunen eine Vorbildfunktion zu. Wir als Gemeinderat sollten daher die strategischen Weichen stellen. In der Umsetzung des Klimaschutzkonzepts müssen wir allerdings noch konsequenter und zügiger werden.9. die Erstellung einer Gemeinwohlbilanz der Stadtwerke Nürtingen sowie den Oberbürgermeister zu beauftragen, bei der Ansiedelung von Unternehmen in kommunalen Gewerbegebieten Unternehmen, die dem Gemeinwohlbilanzansatz folgen, verstärkt zu berücksichtigen.
9. die Erstellung einer Gemeinwohlbilanz
der Stadtwerke Nürtingen sowie den Oberbürgermeister zu beauftragen, bei der Ansiedlung von Unternehmen in kommunalen Gewerbegebieten Unternehmen, die dem Gemeinwohlbilanzansatz folgen, verstärkt zu berücksichtigen.
Begründung:
Gemeinwohl-Ökonomie beschreibt ein Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell einer ethischen Marktwirtschaft, deren Ziel nicht zuerst die Vermehrung von Geldkapital ist, sondern das gute Leben für alle.
Sie setzt die Menschenwürde, die Menschenrechte und die ökologische Verantwortung als Gemeinwohlwerte auch in der Wirtschaft um.
Ein wirksames Instrument auf diesem Weg ist die Erstellung einer Gemeinwohl-Bilanz. Dass dieser Ansatz Hand in Hand gehen kann mit erfolgreichem Wirtschaften zeigen exemplarisch Unternehmen wie ‚vaude‘ (Siehe: https://nachhaltigkeitsbericht.vaude.com/gri/csr-standards/gemeinwohloekonomie.php.)
Wir setzen uns dafür ein, diesen Ansatz als Kommune zu fördern. Konkret beantragen wir, Gespräche mit den Stadtwerken zu führen und Möglichkeiten und Nutzen der Erstellung einer Gemeinwohlbilanz zu fördern.
Auch zum Ansatz der Fair-Trade-Town würde das sehr gut passen. Ziel wäre aus unserer Sicht auch, in besonderer Weise Unternehmen für Nürtingen zu begeistern, die diesen Ansatz verfolgen und Unternehmen, die das schon tun, besonders in den Blick zu nehmen, so dass sie als Vorbilder für andere bekannt werden.
3. Nachhaltige Mobilität in Nürtingen
Die SPD beantragt,
1. Rad AG“ als Beteiligungsform für Expert*innen,
Bürger*innen und Vertreter*innen des Gemeinderats fest zu verankern und sie bei allen städtischen Verkehrsplanungen mit einzubeziehen. Eine Beschlussvorlage zur Struktur, Begleitung und Einbeziehung der Rad AG ist im zuständigen Ausschuss zur Beschlussfassung vorzulegen. Federführend sollte der Rad-Manager sein.
Begründung:
Gerade im Verkehrssektor liegt ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz und zur zukunftsfähigen Mobilität. Darum wollen wir den ÖPNV sowie die Rad- und Fußgänger in unserer Stadt stärken. Wir sollten in Nürtingen die Maßnahmen ergreifen, die wir als Kommune vor Ort entscheiden und somit umsetzen können.
2. Testphase: Autofreie Innenstadt 2022
- Die testweise Schließung des Überfahrtsbereichs „Strohstraße – Lampertstraße“ für den Autoverkehr
- Die testweise Schließung der Westliche Kirchstraße, Marktstraße, Apothekerstraße für den Suchverkehr.
Begründung:
Immer wieder gibt es in der Fußgängerzone beim Überfahrtsbereich „Strohstraße – Lampertstraße“ gefährliche Situationen für die Fußgänger und Radfahrer.
Aus diesem Grund und um die „autofreien“ Innenstadt weiter voranzutreiben, sollte die Durchfahrt für den motorisierten Individualverkehr gesperrt werden. Jedoch sollte die Zufahrtsmöglichkeit für Bewohner geprüft werden. In Anknüpfung an die Testphase des Stadtbalkons soll als nächste Testphase eine autofreie Innenstadt angestrebt werden.
3. Werbekampagne für das Stadtticket und den ÖPNV
Eine Werbekampagne für das Stadtticket und den ÖPNV zu starten, um die corona-bedingten Ausfälle rasch wieder auszugleichen.
4. Ein Parkraumbewirtschaftungskonzepts für die Stadt Nürtingen zu erstellen.
Die Stadtverwaltung wird beauftragt eine gesamtstädtische Konzeption für die Bewirtschaftung des Straßenraums zu erstellen. Ziel soll u.a. sein, das An- und Bewohnerparken auszubauen, um den Parksuchverkehr zu reduzieren, sowie Anreize zum Umstieg auf alternative Mobilitätsformen wie auch die Nutzung bestehender Parkmöglichkeiten zu schaffen.
Dazu soll auch die Einführung einer Klimaschutzabgabe auf Parkraum nach dem Vorbild u.a. der Stadt Tübingen geprüft werden.
Besonders sollen die Stadtteile Kleintischardt und die Kirchheimer Vorstadt betrachtet werden.
Begründung:
Das stehende Auto („Stehzeug“) sorgt für einen Verlust wertvoller Flächen, sodass es umweltpolitisch geboten ist, den ruhenden Verkehr stärker zu reduzieren. Weiterhin wird Nürtingen mit der zunehmend besseren Anbindung an das Schienennetz auch zu einer multimodalen Verkehrsdrehscheibe für Pendelnde. Hierfür muss frühzeitig neben dem fließenden Verkehr des Mobilitätskonzeptes auch der ruhende und Parksuchverkehr betrachtet werden.
Ohne die politische Debatten Tübingens führen zu wollen, ist die mit einer erhöhten Anwohnerparkausweis verbundene Lenkungswirkung bei gleichzeitigem Einsatz der Mittel für den ÖPNV eine sinnvolle Kopplung, die Nürtingens Aktivitäten für den ÖPNV stärken könnte.
5. kostenloser Nahverkehr
Die Einführung eines kostenlosen Nahverkehrs bei städtischen Veranstaltungen (Maientag, Neckarfest).
Begründung:
Der Antrag der Fraktion der Grünen aus dem Jahr 2020 ist zu begrüßen, sodass er erneut aufgegriffen wurde.
4. Soziales und Kultur
Die SPD beantragt,
1. einen Bericht über häusliche Gewalt gegen Frauen und Kinder vorzulegen.
Die Zahl der Opfer häuslicher Gewalt ist in der Corona-Pandemie deutlich gestiegen. Gegenüber dem Jahr 2019 gab es einen Anstieg von 6 Prozent. Zwei Drittel der erfassten Opfer sind Frauen. Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher sein, weil sich viele Opfer nicht trauen, Anzeige zu erstatten.
In Nürtingen gibt es im Gegensatz zu den anderen Großen Kreisstädten kein Frauenhaus. Es sollte geprüft werden, wie wir in Nürtingen den Bedarf an Beratung und Unterkunft decken können und auch die Frage, ob in Nürtingen ein eigenes Frauenhaus errichtet werden soll.
2. dass das Handlungskonzeption für Inklusion in Nürtingen zeitnah erstellt wird.
Die Grundlagen dafür sind u. a. in der Sozialkonferenz 2019 gelegt worden.
Wichtig ist die Einrichtung eines Inklusionsrat, der die Interessenvertretung und Beteiligung
der Menschen mit Handicap garantieren soll. In vielen Städten Baden-Württembergs ist dies
bereits erfolgt.
3. die Erhöhung des Kulturfonds auf 20.000 €.
In Nürtingen gibt es eine Vielzahl und Vielfalt an kulturellen Vereinen und Einrichtungen, die mit ihren Programmen und Veranstaltungen dazu beitragen, damit Nürtingen Kunst- und Kulturstadt ist.
Für diese Arbeit und dieses Engagement stellt die Stadt einen Kulturfonds als Unterstützung in Höhe von 15.000 Euro zur Verfügung. Ein gewähltes Gremium entscheidet anhand von festgelegten Kriterien über die Verteilung des Fonds.
Angesichts gestiegener Kosten, insbesondere durch die notwendige Technik sowie Corona-Vorschriften, sollte der Kulturfonds um 5.000 Euro erhöht werden.
Außerdem sollten – falls erforderlich – die Mittel auf 2021 auf das Jahr 2022 übertragen werden.
5. Finanzen und Haushalt
Die SPD beantragt,
dass die Stadtverwaltung in Anknüpfung an die Haushaltsklausur für 2022 eine erneute Klausurtagung vorbereitet. Damit sollte eine vertiefte Priorisierung und Bewertung der bestehenden und anvisierten Projekte anhand verschiedener Kriterien und Folgewirkungen (sozial, ökologisch, wirtschaftlich, zeitliche Dringlichkeit) ermöglicht werden, um eine differenzierte Planungsgrundlage zu erhalten.
Die vom Gemeinderat getroffene Prioritätensetzung soll zukünftig auf jährlich stattfindenden Klausurtagungen aktualisiert werden.
Begründung:
Seit Jahren fehlt es in Nürtingen an einem Konsens zur Entwicklung der Investitionsentscheidungen der Stadt. Nachdem nun große Projekte und Entwicklungen aufgearbeitet wurden, sollen diese in einem nächsten Schritt verbindlicher priorisiert und damit für Stadtverwaltung wie Gemeinderat verlässlicher entwickelt werden können