Was geschieht mit den Bäumen vor der Kreuzkirche? Die Nürtinger SPD hatte zusammen mit dem Baumexperten Thomas Hettinger zu einer Führung eingeladen. Sein Fazit nach eineinhalbstündiger Erläuterung: Diese Baumgruppe ist zu wertvoll, um sie rein gestalterischen Aspekten zu opfern.

Wie groß das Interesse war, zeigten die dreißig Besucherinnen und Besucher, die nicht nur Hettingers Ausführungen lauschten, sondern auch viele Fragen stellten. Den Gesundheitszustand von Bäumen könne man am besten in trockenen Perioden, so wie jetzt, erkennen. In der Regel könne man nicht äußerlich feststellen, wie gesund oder krank ein Baum sei. Man sehe, dass der Pilzbefall nicht sehr hoch sei, aber für eine genaue Untersuchung müsse man einen professionellen Gutachter beauftragen. Wichtig sei aber, dass die Bäume optimal gepflegt würden. Die Exemplare auf dem Schillerplatz, besonders die Robinien, erhalten nach Hettinger allerdings zu wenig Wasser. Hettinger schlägt dazu vor, Regenwasser vom Dach der Kreuzkirche aufzufangen und an die Bäume zu leiten. Eine automatische Baumbewässerung sei besser als eine manuelle und wahrscheinlich auch mit Blick auf die Kosten günstiger.

Eine automatische Bewässerung wäre wohl auch besonders vorteilhaft während des Weindorfes. Denn dieses wirke sich, so Hettinger, negativ auf den Zustand der Bäume aus, da während dieser Zeit noch weniger Regenwasser an die Wurzeln gelange und eine ausreichende Bewässerung der Bäume wegen der Hütten schwierig sei. Auch die zugepflasterten Baumscheiben würden verhindern, dass genügend Wasser in den Boden eindringt. Im Zuge der Umgestaltung müsse der unversiegelte Bereich um die Bäume vergrößert werden. Das gelte auch für andere Bäume in der Innenstadt, wenn man nicht immer wieder Bäume vorzeitig ersetzen müssen möchte. Im Hinblick auf Herbst und Winter sei es wichtig, die Bäume vier Wochen lang mit Kalium und Magnesium zu wässern, um sie sattelfest für die kalte Jahreszeit zu machen.

Auch hätte man Temperaturveränderungen in und um die Kreuzkirche herum messen müssen, um die Bedeutung der Bäume für das Binnenklima festzustellen. Wenn man die vorderen Bäume entferne, schade dies den hinteren Bäumen, die an den Schatten gewöhnt seien. Auch die Kreuzkirche könne sich ohne den Schatten im Sommer stärker aufheizen. Außerdem hätte die Unterschriftenaktion der SPD gezeigt, dass die Bürgerinnen und Bürger die Bäume erhalten wollten.

Diese Baumgruppe an der Kreuzkirche, so Hettinger, sei zu wertvoll, um aus rein planerischen Gesichtspunkten gefällt zu werden. Linden und Robinien bieten mit ihren Blüten reichlich Nektar für Bienen. Die Baumgruppe böte auch notwendigen Schatten, damit sich die Menschen dort aufhalten können. Durch die Verdunstung der Bäume sei die Belastung für die Bürger bei hohen Temperaturen geringer. Gerade in heißen Sommernächten kühle eine begrünte Stadt deutlich besser ab. Ein negatives Beispiel ist der Lindenplatz in Oberensingen: Es halten sich dort keine Menschen auf, weil Bäume und damit Schattenplätze fehlten.

Der Neckarhäuser Thomas Hettinger ist Mitglied im „Bund deutscher Baumschulen“ und nimmt an der „Green-City-Kampagne“ teil. Ziel der Kampagne ist es, kommunale Entscheider, Stadtplaner, Landschaftsarchitekten sowie Garten- und Landschaftsbauer in ganz Europa für eine grüne Stadtentwicklung zu begeistern und miteinander zu vernetzen. Außerdem gebe es entsprechende Fördermittel vom Bund, wenn man sich an dieser Kampagne beteilige. So hat zum Beispiel Frickenhausen 100 000 Euro zur Begrünung erhalten.

Die Nürtinger SPD wird dieses Gespräch mit Thomas Hettinger zum Anlass nehmen, im Gemeinderat einige kritische Fragen zum Baumbestand in der Innenstadt und zu den angedachten Planungen zu stellen. Ob deutlich kleinere Jungbäume den Verlust der vorhandenen Großbäume kompensieren können, erscheint der Nürtinger SPD nach den Ausführungen Hettingers jedenfalls weiterhin äußerst fraglich. Die SPD sieht sie eher als notwendige Ergänzung des Bestandes.