Anträge der SPD-Fraktion zum Haushalt 2020 – 14. Januar 2020

1. Sozial-ökologische Wende vor Ort angehen!

Die SPD beantragt,

  1. die Verwaltung zu beauftragen, einen Grundsatzbeschluss vorzubereiten, der Mindeststandards für energetische Sanierung bzw. Neubauten der Stadt vorsieht.
    • a) Die Standards sollen mindestens KFW40-Standard erreichen und vorrangig ökologische Baustoffe vorgeben.
    • b) Auf allen städtischen Dächern soll eine grundsätzliche Pflicht zur Errichtung einer Photovoltaikanlage bestehen.
    • c) Eine Abweichung vom definierten Mindeststandard soll nur durch Beschluss des Gemeinderats oder seines Ausschusses möglich sein.
  2. die Vorlage eines aktualisierten Energieberichts samt Gebäudesteckbriefe, sowie des aktualisierten Sanierungs- und Energiebedarfs durch die GWN im Jahr 2020.
  3. die Vorgaben der „Intensivierung des städtischen Energiemanagements“ im Rahmen der Neustrukturierung der GWN (nach dem Klimaschutzkonzept, Projekt 10.2.) einzubeziehen.
  4. einen jährlichen Bericht des Klimaschutzmanagers im Gemeinderat über den Stand der Umsetzung des Nürtinger Klimaschutzkonzeptes, sowie eine gesonderte Ausweisung der beantragten Projekte aus dem Klimaschutzkonzept im jeweiligen Haushaltsplan.
  5. eine umfassende Energieleitlinie (nach dem Klimaschutzkonzept Projekt 10.1) zu entwickeln und dem Gemeinderat zur Beschlussfassung vorzulegen.
  6. eine Weiterentwicklung der gegenwärtigen Beschaffungsvorgaben zu einer nachhaltigen Beschaffungsrichtlinie (Projekt 11.3), die insbesondere die Lebenszykluskosten und die Festlegung auf Produkte aus fairem und ökologisch nachhaltigen Handel in den Mittelpunkt stellt.
  7. die Gründung eines Klimaausschusses als beratender Ausschuss des Gemeinderats, in dem berufene Fachleute, Bürger*innen, Verwaltungsmitarbeiter*innen (v.a. Klimaschutzmanager) und Vertreter*innen des Gemeinderats Strategien und Maßnahmen zur Erreichung des Klimaschutzes diskutieren und dem Gemeinderat Empfehlungen geben können.
  8. die Gründung einer Energiegenossenschaft unter Beteiligung der Stadtwerke Nürtingen, in der sich Bürger*innen mit Kapital an Nürtinger Klimaschutzprojekten beteiligen können (z.B. Solardachpflicht).

Begründung:
Die sozial-ökologische Wende erfordert ein zügiges und mutiges Handeln aller – auch der Stadt Nürtingen. Der Erhalt und die Achtung vor unserem Lebensraum haben Priorität. Einen Masterplan gibt es nicht.

Als Gemeinderat sollten wir die strategischen Weichen stellen und dort ansetzen, wo wir die Entscheidungen beeinflussen können. Nürtingen ist mit dem Klimaschutzkonzept und der frühzeitigen Einstellung eines Klimaschutzmanagers bereits vorbildhaft gestartet. In der Umsetzung des Konzepts müssen wir allerdings noch konsequenter und zügiger werden.

Darum fordern wir einen Grundsatzbeschluss – ähnlich wie in anderen Bereichen, bspw. der Baulandentwicklungsstrategie – mit dem wir für städtische Gebäude allgemeine Vorgaben für den Neubau und die Sanierung machen: u. a. Einhaltung des KFW40-Standards sowie eine Photovoltaikpflicht.

Mit dem Grundsatzbeschluss soll das Regel-Ausnahme-Verhältnis in der Planung von Gebäuden umgekehrt werden: Die Verwaltung muss die Vorgaben grundsätzlich wahren, es sei denn, es gibt driftige Gründe, die den Gemeinderat zu einer Ausnahmeentscheidung veranlassen.

Ebenso halten wir es für notwendig, die im Klimaschutzkonzept 2013 entwickelten Maßnahmen einer Energieleitlinie, einer nachhaltigen Beschaffungsrichtlinie, des Energieberichts, sowie des intensiven Energiemanagements wiederaufgreifen. Besonders wichtig ist dies bei den anstehenden zahlreichen geplanten Sanierungsmaßnahmen öffentlicher Gebäude sowie der Neustrukturierung der GWN. Die Gegenfinanzierung zu den einzelnen Maßnahmen ist in der Ersparnis der geringeren laufenden Energiekosten zu sehen.

Als Grundlage für die Umsetzung unseres „lokalen Klimaschutzpakets“ soll der GWN-Energiebericht aktualisiert werden.

Bei alledem ist die Verwaltung mit ihrer Expertise nicht auf sich allein gestellt. In Nürtingen sind hier seit Jahren Fachleute aktiv, die sich für den Klimaschutz stark machen. Diese Expertise wollen wir unmittelbar in ein Gremium des Gemeinderats einzubeziehen: dem Klimaausschuss als Beteiligungsform.

Durch die Gründung einer Energiegenossenschaft – oder einer anderen niedrigschwelligen Beteiligungsmöglichkeit von privatem Kapital – wollen wir allen Bürger*innen die Möglichkeit geben, sich an Projekten zu beteiligen. Dafür sollen durch die Verwaltung bestimmte Schwerpunktprojekte ausgewählt werden. Später könnte die Genossenschaft vorrangig auch private Projekte fördern

2. Mobilitätswende

Die SPD beantragt,

  1. die Einführung eines Stadttickets für Nürtingen zum 01.07.2021 (siehe gesonderter Antrag).
  2. die Ausweisung eines gesonderten Budgets für den Radverkehr im städtischen Haushalt. Für 2020 sollen hierfür Mittel iHv 150.000€ aus dem Produkt 5410-046 umgewidmet werden
  3. die Verwaltung sich nach Fördermitteln zur Ersteinstellung eines „Radverkehrs“-Beauftragten zu erkundigen.
  4. die „Rad AG“ als Beteiligungsform für Expert*innen, Bürger*innen und Vertreter*innen des Gemeinderats fest zu verankern und sie bei allen städtischen Verkehrsplanungen mit einzubeziehen (z.B. Sanierung Neuffener Straße). Eine Beschlussvorlage zur Struktur, Begleitung und Einbeziehung der Rad AG ist im zuständigen Ausschuss zur Beschlussfassung vorzulegen.

Begründung:
Gerade im Verkehrssektor liegt ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz und zur zukunftsfähigen Mobilität. Darum wollen wir den ÖPNV sowie die Rad- und Fußgänger in unserer Stadt stärken. Mit dem Stadtticket besteht eine attraktive Form zur Stärkung des ÖPNVs innerhalb einer Stadt. Insbesondere vor dem Hintergrund der anstehenden Baumaßnahmen ist jedes Auto weniger auf der Nürtinger Straßen ein wichtiger Schritt zur Vermeidung eines Verkehrskollapses.

Weiterhin müssten zukünftig auch eine gezielte Förderung des Busverkehrs vorgenommen werden – hierzu hat die SPD-Fraktion bereits die Erstellung eines Mobilitätskonzepts beantragt.

3. Wohnraumoffensive

Die SPD beantragt,

  1. das Projekt Raumteiler zur Minimierung des Leerstands wird von der Verwaltung wieder aufgenommen.
  2. ein Runder Tisch mit den Wohnungsbauträgern zu Wohnungstausch und Leerstand in Nürtingen soll in 2020 stattfinden.
  3. ein städtisches Grundstück soll als Tiny House Wohnfeld ausgewiesen werden.

Begründung:
Wohnen ist die soziale Frage unserer Zeit, die nur durch die Umsetzung verschiedener Strategien gelöst werden kann. Neben der Baulandentwicklungsstrategie sowie der Gründung einer Wohnungsbaugesellschaft kann durch die Initiative leerstehenden Wohnraum wieder zu nutzen eine vielversprechende Möglichkeit sein.

4. Gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken

Die SPD beantragt,

  1. die Ausrichtung einer Sozialkonferenz zur Kinderarmut in Nürtingen in 2020.
  2. die Einführung einer Familiencard (siehe gesonderter Antrag 2019)
  3. die Einrichtung eines Sozialfonds für sozial bedürftige Familien in Kooperation mit Caritas und Diakonie
  4. die Einführung einer 4. und ggf. weiterer Beitragsstufen für die Kita-Gebühren.
  5. die Fortschreibung des Altenhilfeplanes. Dabei sollen die Beratung und die Einrichtung von Tagespflegeplätzen eine wichtige Rolle spielen. Der Stadtseniorenrat muss eingebunden werden. Es soll eine Sozialkonferenz durchgeführt werden.

Begründung:
Die wachsende Kinderarmut ist für unsere reiche Gesellschaft ein unsägliches Zeugnis der sozialen Schieflage. Gleichzeitig gibt es kein Patentrezept zur Lösung – verschiedene Faktoren kommen hierbei regelmäßig zusammen. Neben bundespolitischen Maßnahmen wie einer Kindergrundsicherung sind auch die lokalen Einrichtungen und Hilfestrukturen gefragt. Hier wollen wir gemeinsam mit allen Akteuren Lösungsmöglichkeiten entwickeln, u. a. kann auch die Einrichtung einen Sozialfonds eine Möglichkeit der Unterstützung sein.

Gleichzeitig wollen wir in diesem Zusammenhang auch bestehende Maßnahmen weiterentwickeln. Unser Antrag auf Einführung einer Familiencard soll die Stigmatisierung eines Familienpasses entfallen lassen und für eine Ausdehnung der Unterstützungs- bzw. Rabattmöglichkeiten in privaten Kontexten sorgen.

Nicht zuletzt würde die Einführung einer vierten und ggf. weiterer Beitragsstufen, eine stärkere Differenzierung nach Leistungsfähigkeit in die Gebührenordnung mit sich bringen und damit der fortschreitenden sozialen Spaltung unserer Gesellschaft entgegenwirken.

Mit dem demografischen Wandel und den damit verbundenen Herausforderungen für die Stadt Nürtingen müssen wir uns auseinandersetzen. Die Zahl der älteren sowie pflegebedürftigen Bürger nimmt auch in Nürtingen immer weiter zu. Dies erfordert eine andere Infrastruktur und weitere Dienstleistungsangebote. Die Plätze in der Tagespflege sind besonders wichtig, weil dadurch die Familienangehörigen eine Entlastung erfahren und auch die Vereinbarkeit und Arbeit und Familie / Pflege eher ermöglicht werden kann. Dies ist besonders für Frauen wichtig.

5. Innenstadt

Die SPD beantragt,

  1. ein Public Viewing zur EM 2020, mindestens für die Deutschlandspiele, durch Auslobung eines Zuschusses oder personeller Unterstützung im Umfang von 10.000 € zu unterstützen.
  2. den Verein Citymarketing Nürtingen e.V. zu unterstützen, eine „Nürtingen Card“ einzuführen.
  3. die Planungen zur Realisierung einer Toilette für Alle weiterzuverfolgen.

Begründung:
Soweit sich eine private Initiative findet, die Interesse an einem Public Viewing Event hat, wollen wir dies durch die Unterstützung durch die Stadt fördern – und ggf. Interessierte dazu ermutigen.

Die Idee des Citymarketing Vereins zur Einführung einer „Nürtinger Card“ für Nürtinger Unternehmen wird von Seiten der SPD-Fraktion begrüßt und soll durch die Stadt unterstützt werden.

Über die öffentliche Toilette hinaus fehlt in der Stadt eine Toilette für Alle, die gerade Menschen mit Behinderung eine gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen soll. An der Forderung nach der Realisierung einer solchen Toilette, ggf. in Kooperation mit bestehenden Unternehmen, werden wir festhalten/halten wir fest.